Oberleitungsbusse

Hybrid-Oberleitungsbus in Gdynia (Quelle: VCDB GmbH)

Technische Einschätzung

Oberleitungsbusse: Bekannt als O-Busse oder Trolleybusse, sind sie seit Jahrzehnten erprobt und eine so robuste Antriebsform, dass sie bereits in vielen Städten der Welt im Einsatz sind.

Sie lassen sich in zwei Kategorien unterteilen:

  • konventionelle Oberleitungsbusse mit einem Hilfsfahraggregat oder einem Elektroenergiespeicher für kurze Fahrten mit verminderter Leistung abseits von Oberleitungen,
  • Hybrid-Oberleitungsbusse mit einer größeren Batterie, die einen vollwertigen Betrieb über längere Distanzen auch ohne Oberleitungen ermöglicht.

Die Busse sind vollständig bzw. teilweise an Oberleitungen gebunden. Dadurch sind die Einsatzmöglichkeiten aber eingeschränkt – zum Teil so, dass die Bindung an Oberleitungen sogar als Hindernis, sie überhaupt zu errichten, gewertet wird. Deswegen wurden in den vergangenen Jahren Hybrid-Oberleitungsbusse entwickelt, die den Bau von Oberleitungen auf ein betrieblich und energetisch notwendiges Minimum reduzieren.

Bei konventionellen Oberleitungsbussen spielt im Gegensatz zu Batteriebussen das Konzept der Beheizung (rein elektrische Heizung vs. Hybridheizung) sowie der Klimatisierung (nur Fahrerklimaanlage vs. Δt-Klimatisierung vs. Vollklimatisierung) hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten nur eine untergeordnete Rolle. Denn bei richtiger Fahrzeugauslegung steht in der Regel immer ausreichende elektrische Leistung bzw. Energie zur Verfügung.

Kosten

Die Kosten für Hybrid-Oberleitungsbusse unterliegen hohen Preisspannen, weshalb wir die nachfolgend angegebenen Kosten als Anhaltswerte betrachten. Wie bei Batteriebussen gehen wir auch bei Hybrid-Oberleitungsbussen davon aus, dass die Batterien während der Nutzungszeit der Busse mindestens einmal getauscht werden müssen. Hierfür sind Kosten in Höhe von etwa 80.000 – 110.000 € anzusetzen.

Solobusse Gelenkbusse
Konventionelle Oberleitungsbusse 540.000 – 610.000€ 580.000 – 750.000€
Hybrid-Oberleitungsbusse 580.000 – 670.000€ 720.000 – 950.000€
Batterien1) 70.000 – 90.000€ 90.000 – 110.000€

1) Ein Tausch während der Nutzungszeit des Busses

Die Wartungs- und Instandhaltungskosten von Oberleitungsbussen liegen etwa 4 Cent pro Fz-km unterhalb der Kosten von Dieselbussen. Die Verfügbarkeit ist in etwa gleich. Hinweise zu den Unterhaltskosten für die Oberleitungsinfrastruktur finden Sie hier.

Auch bei Oberleitungsbussen sind bauartbedingt mehr Komponenten auf dem Fahrzeugdach verbaut als z. B. bei Dieselbussen. Neben den Stromabnehmern kann es sich dabei u. a. um Leistungselektronik handeln. Daher ist die Anschaffung von Dacharbeitsständen inkl. Krananlage (ca. 1,0 t Traglast) notwendig, falls nicht schon vorhanden. Je nach Ausführung entstehen dabei Kosten von etwa 75.000 – 220.000 € pro Dacharbeitsstand. Zusätzlich benötigt werden Spezialwerkzeuge für Arbeiten an Hochvoltanlagen sowie persönliche Schutzausrüstungen. Die Kosten sind abhängig von der Flottengröße und Anzahl der Mitarbeiter. Gemessen an den Aufwendungen für Oberleitungsbusse und die Oberleitungsinfrastruktur sind die Kosten hierfür jedoch fast zu vernachlässigen.
Hinsichtlich der Schulungskosten verweisen wir an dieser Stelle auf die Schulungskosten bei Batteriebussen. Hinzu kommen noch Schulungen, um Personal für die Oberleitungsinfrastruktur zu qualifizieren.

Informationen zu Kosten von Oberleitungssystemen finden Sie hier.

Arten von Oberleitungsbussen

Konventionelle Oberleitungsbusse benötigen entlang ihrer gesamten Linien Oberleitungen und haben ein Hilfsaggregat oder eine kleine Batterie. Deswegen ist das Fahren ohne Oberleitungen nur über kurze Distanzen und mit verringerter Leistung möglich. Obwohl es sich bei Oberleitungsbussen um eine lokal emissionsfreie sowie robuste und seit vielen Jahrzehnten erprobte Fahrzeugtechnologie handelt, ist die Anzahl der Verkehrsbetriebe mit Oberleitungsbussen in Mitteleuropa und speziell in Deutschland eher gering. Wesentliche Gründe hierfür sind:

  • die hohen anfänglichen Investitionskosten in die Oberleitungsinfrastruktur und fehlende Fördermöglichkeiten,
  • Hemmnisse bei deren städtebaulicher Integration sowie
  • im Vergleich zu Dieselbussen deutlich höhere Fahrzeuginvestitionskosten, nicht zuletzt bedingt durch geringe Stückzahlen.

Gründe für Oberleitungsbusse sind hingegen:

  • lange Nutzungszeiten der Oberleitungsinfrastruktur,
  • geringere Betriebskosten durch die Nutzung von Elektroenergie sowie
  • im Vergleich zu Dieselbussen längere Nutzungszeiten der Fahrzeuge von bis zu 20 Jahren.

Insbesondere auf Linien mit vielen Fahrzeugen sind Oberleitungsbusse eine echte Alternative zu anderen Antriebsformen. Denn wenn die Infrastruktur durch viele Fahrzeuge genutzt wird, werden deren Kosten auf mehr Fahrzeug-Kilometer verteilt.

Hybrid-Oberleitungsbusse verfügen über eine ausreichend große und leistungsfähige Batterie, um längere Distanzen abseits von Oberleitungen ohne Abstriche an der Geschwindigkeit zurücklegen zu können. Wie groß die Entfernungen ohne Oberleitung sein können hängt ab von

  • der Fahrzeugkonfiguration, speziell der Größe der Batterie,
  • der Fahrzeugauslastung, der Reisegeschwindigkeiten und dem Höhenprofil auf Abschnitten ohne Oberleitung sowie
  • der Frage, ob die Abschnitte ohne Oberleitung längere Aufenthalte an Endhaltestellen beinhalten, an denen die Fahrzeuge geheizt bzw. klimatisiert werden müssen.
Batterie eines Hybrid-Oberleitungsbusses (Quelle: Barnimer Busgesellschaft mbH)

Hybrid-Oberleitungsbusse sind daher vor allem für die Verlängerung bestehender Oberleitungsbus-Linien geeignet sowie dazu, Oberleitungen in städtebaulich sensiblen Bereichen zu vermeiden. Der Anteil einer Linie, der mit Oberleitungsabschnitten versehen werden muss, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab und muss von Fall zu Fall individuell ermittelt werden. Maßgebend dabei ist die Zeit, die Fahrzeuge unter Oberleitungen fahren, oder stehen im Verhältnis zur Gesamtzeit inklusive Wendezeiten an den Endhaltestellen – nicht die Streckenlänge unter Oberleitungen. Als Faustregel kann gelten, dass mindestens etwa 40 bis 50 % einer Linie mit Oberleitungen versehen werden müssen. Wenn möglich sollten Endhaltestellen mit längeren Wendezeiten sowie Steigungsstrecken in das Oberleitungsnetz eingebunden werden.

Zwar ist es rein energetisch möglich, Hybrid-Oberleitungsbusse auch auf Linien mit einem geringeren Anteil an Oberleitungen zu betreiben, jedoch sinkt damit die Betriebssicherheit bei Unfällen oder Baustellen. Dadurch könnten einzelne Oberleitungsabschnitte nicht befahren werden.

Eindrahttrichter für Stromabnehmer von Oberleitungsbussen inkl. zugehöriger Positionierungshilfe (Quelle: Fraunhofer IVI)

Je nach den örtlichen Gegebenheiten fallen die Kosten für die Oberleitungsinfrastruktur für Hybrid-Oberleitungsbusse geringer aus als für konventionelle Oberleitungsbusse, da teure Infrastrukturelemente wie Kreuzungen, Weichen oder Oberleitungen in Kurven oder auf großen Plätzen zumindest teilweise entfallen können.

Hybrid-Oberleitungsbusse setzen ein sicheres Ein- und Ausdrahten der Stromabnehmer voraus. Im Gegensatz zu Schienenfahrzeugen ist dies aufgrund der hohen dynamischen Kräfte an den Stromabnehmerenden nicht ohne weiteres möglich. Während ein Ausdrahten in der Bewegung möglich ist, sind uns keine kommerziell verfügbaren Systeme bekannt, die ein sicheres Eindrahten während der Fahrt ermöglichen. Oberleitungsabschnitte sollten daher möglichst immer an Haltestellen beginnen. Für das Eindrahten im Stand existieren drei Methoden:

  • händisches Eindrahten über Fangseile (ggf. unterstützt durch kleine Eindrahttrichter),
  • halbautomatisches Eindrahten mittels Eindrahttrichter (s. Foto oben),
  • automatische Eindrahtsysteme.